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   Ein Labyrinth der Gnade

Diejenigen, die die Bibel als Autorität verwenden, bestreiten nicht das klare biblische Statement "Denn aus Gnade seid ihr errettet" (Eph. 2:8). Aber die allgemeine Zustimmung bedeutet nicht unbedingt ein allgemeines Einvernehmen darüber, wie wir auf ewig errettet werden. Das hängt davon ab, wie man Gnade definiert. Wenn die Bedeutung von Gnade verändert wird, dann wird auch die Bedingung für die Errettung verändert.

Was genau bedeutet also Gnade im Bezug zu unserer Errettung? Wenn Gnade etwas anderes bedeutet als das absolut kostenlose und bedingungslose Geschenk Gottes, das durch Glauben empfangen wird, dann muss es mit menschlicher Bemühung verbunden sein. Zumindest haben viele das in der einen oder anderen Weise gesagt. Aber in deren "Gnaden-Labyrinth" ist Gnade alles andere als erstaunlich. Hier sind einige der häufigeren Verdrehungen und Wendungen, die der Gnade untergeschoben werden:

Verbreitete Verfälschungen der Gnade.

Zeugen Jehovas. Die Neue-Welt-Übersetzung der Zeugen Jehovas übersetzt Gnade gewöhnlich mit "unverdiente Güte." Wie weit erstreckt sich diese Güte? In einer Diskussion mit dem Titel "Was müssen wir tun, um gerettet zu werden?" (auf ihrer offiziellen Website https://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/1996081) sehen wir die Verwicklungen ihres Verständnisses der Gnade: "Die Rettung ist eine freie Gabe Gottes. Man kann sie sich nicht verdienen. Dennoch sind Bemühungen unsererseits erforderlich." Wir haben hier einen Widerspruch, indem Gnade wie in Epheser 2:8 als etwas beschrieben ist, dass nicht verdient werden kann, dies andererseits aber Bemühungen unsererseits erfordert!

Mormonentum. Ein Aufruf der offziellen Website der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tag (https://www.churchofjesuschrist.org/study/scriptures/gs/grace?lang=deu) erbringt diese Definition der Gnade: "Die Macht von Gott, die Männer und Frauen befähigt und es ihnen erlaubt, in diesem Leben Segnungen zu erlangen und ewiges Leben und Erhöhung zu erreichen, nachdem sie Glauben ausgeübt haben, umgekehrt sind und ihr Bestmögliches getan haben, die Gebote zu halten." Im Buch Mormon lesen wir "denn wir wissen, dass wir durch Gnade errettet werden, nach allem, was wir tun können." (2 Nephi 25:23b). Diese offensichtliche Parallele zu Epheser 2:8 macht eine seltsame Wendung. Wir stellen am Ende fest, dass Gnade eine Hilfe ist, die uns erst dann gegeben wird, wenn wir uns bestmöglich bemüht haben.

Römischer Katholizismus. Auf der offiziellen Website des Vatikans (http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P75.HTM) lesen wir diese Aussagen: "Die Gnade ist das Wohlwollen, die ungeschuldete Hilfe, die Gott uns schenkt, um seinem Ruf zu entsprechen.", "Durch die Taufe hat der Christ Anteil an der Gnade Christi", "können wir uns selbst und anderen die Gnaden verdienen, die ... zum Erlangen des ewigen Lebens beitragen.", "Die Gnade ist die Hilfe die Gott uns gewährt um unserer Berufung zu entsprechen seine Adoptivkinder zu werden." Man beachte, dass Gnade lediglich ungeschuldete Hilfe ist, damit wir mehr Gnade verdienen können, um ewiges Leben zu erlangen.

Unterschiedliche Religionen sind offenbar nicht alle so unterschiedlich! Gnade ist dort nicht vollkommen kostenlos und bedingungslos sondern nur eine Belohnung oder Förderung zusätzlich zu unseren eigenen Bemühungen. Nach dieser Sichweise muss die Gnade verdient werden anstatt dass sie durch Glauben empfangen wird.

Kostbar oder billig?

Leider verirren sich sogar bibelgläubige Evangelikale im Labyrinth. Viele haben die von Dietrich Bonhoeffer (einem deutschen lutherischen Theologen/Aktivisten) geprägten Begriffe "teure Gnade/billige Gnade" übernommen. Ein Autor schreibt "While it [grace] is free, it is not cheap" (John F. McArthur, The Gospel According to Jesus. Revised & Expanded, p. 65). Gnade ist also kostenlos - aber nicht billig; sie muss teuer sein. Wie kann Gnade aber kostenlos sein, wenn sie teuer ist - oder auch billig? Wenn wir bei Bonhoeffer und diesen anderen lesen, dann sehen wir, dass "teuer/billig" Adjektive sind, die fälschlicherweise auf das Konzept der Gnade selbst angewandt werden, während sie tatsächlich darauf zutreffen, wie ein Christ auf die Gnade Gottes reagieren kann (mit Verhalten, das die Wertschätzung von Gottes Gnade reflektiert oder mit Verhalten, das Gottes Gnade abwertet). Es gibt aber schon biblische Begriffe für eine unwürdige Reaktion auf die Gnade. Die Bibel sagt, dass Gnade vergeblich empfangen (2 Kor. 6:1), verworfen (Gal. 2:21), für gemein geachtet (Heb. 10:29), und versäumt (Heb. 12:15) werden kann. Diese biblischen Begriffe drücken eine unrichtige Reaktion auf die kostenlose Gnade aus, ohne das reine Konzept der Gnade selbst infrage zu stellen, was nur das unglückliche Resultat der Verwendung von Begriffen wie "teure Gnade/billige Gnade" ist.

Biblische kostenlose Gnade

Die Bibel benutzt das Wort Gnade in der Bedeutung "Wohlwollen" in einem allgemeinen Sinn; oder in den Episteln im Neuen Testament bemutzt sie es sogar als Gruß in Verbindung mit "Frieden". Aber wenn sie über die Rettung vor der Hölle und Erlösung von der Sünde durch Gott spricht, dann ist die Bibel ganz klar bezüglich der Bedeutung von Gnade. Ein Hinweis auf die Bedeutung findet sich in dem ursprünglichen Wort für Gnade (charis), was die Wurzel des Wortes ist, dass als Gabe/Geschenk (charisma) übersetzt wird. Man beachte die unmissverständliche Bedeutung von Gnade in diesen Versen:

  • Epheser 2:8-9. "Denn aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben, und das nicht aus euch — Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme." Wir lernen daraus, dass rettende Gnade nicht von uns ausgeht sondern von Gott, und dass sie unsere Werke (Bemühungen) als Teil des großen Geschenkes der Errettung durch Gott ausschließt. Da sie nicht verdient werden kann, kann sie nur durch Glauben empfangen werden.
  • Römer 3:24. "und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist." Die Gnade, die errettet (rechtfertigt), ist absolut kostenlos, da Jesus bereits den vollen Preis für unsere Sünden bezahlt hat (die Kernbedeutung von "Erlösung").
  • Römer 4:4. "Dem aber, der mit Werken umgeht, wird der Lohn nicht aus Gnade zugerechnet, sondern weil er ihm zusteht." In einer Diskussion der Rechtfertigung erklärt der Apostel Paulus, dass jegliche Werke die Gnade nichtig machen und eine Situation von Verbindlichkeit und Verpflichtung anstelle eines Geschenks herbeiführen.
  • Römer 11:6. "Wenn aber aus Gnade, so ist es nicht mehr um der Werke willen; sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade; wenn aber um der Werke willen, so ist es nicht mehr Gnade, sonst ist das Werk nicht mehr Werk." Gnade und Werke schließen sich gegenseitig aus. Gnade schließt jedes Konzept des Verdienstes aus; es ist keine Belohnung oder Förderung menschlicher Bemühungen.

Schlussfolgerung

Man begegnet in religiösen Kommentaren einem verwirrenden "Labyrinth der Gnade". Wenn wir aber die Bibel für sich selbst sprechen lassen, dann verhüllt sie nicht die reine Gnade Gottes, die uns errettet, oder bringt diese durcheinander. Rettende Gnade ist weder eine Belohnung für menschliche Bemühungen noch ist sie eine "Motorunterstützung" für unsere eigenen menschlichen Bemühungen. Gnade ist weder das gleiche wie Werke noch wird sie verdient. Gnade ist weder teuer noch billig. Es ist ein vollkommen kostenloses und bedingungsloses Geschenk Gottes, das denen beschert wird, die es in keiner Weise verdient haben. Es ist das Geschenk des ewigen Lebens, dass den verlorenen Sündern gegeben wird, die absolut keinen eigenen Verdienst vor Gott haben und die das Geschenk nur durch Glauben empfangen können. Dieses Verständnis sorgt dafür, dass die Gnade erstaunlich bleibt.


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