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   Kann ein nicht erneuerter Mensch dem Evangelium glauben?

Viele würden diese Frage so beantworten: "Natürlich. Wie sonst könnte jemand auf ewig errettet werden?" Aber es gibt manche, die anderer Meinung sind, weil sie denken, dass man erneuert (von neuem geboren) sein muss, bevor man dem Evangelium glauben kann. Diese Perspektive ist durch ihre Anschauung der Sündigkeit des Menschen bedingt, welche sie völlige Verderbtheit nennen. Aber was sagt die Bibel dazu?

Das Problem der völligen Verderbtheit

Völlige Verderbtheit ist ein theologischer Begriff, der von manchen verwendet wird, um die Sündigkeit des Menschen zu beschreiben. Der Begriff selbst findet sich nicht in der Bibel. Nach Adams Sündenfall in 1. Mose 3 wird der Mensch als tot "durch Übertretungen und Sünden" angesehen, z.B. in Epheser 2:1 (siehe auch Röm. 3:10-18; 5:12; 1 Kor. 15:22). Das Verständnis dieses spirituellen Todes bestimmt, wie man Glauben zur Erneuerung ins Verhältnis setzt.

Diejenigen, die darauf beharren, dass Gott einen Menschen erneuern muss bevor dieser Mensch glauben kann, definieren völlige Verderbtheit als die völlige Unfähigkeit des Menschen, positiv auf Gott zu reagieren. Sie glauben, dass ein nicht erneuerter Mensch das Evangelium nicht einmal verstehen und daran glauben kann. Diese Ansicht wird von der reformierten Theologie und strengen Versionen des Calvinismus vertreten.

Es wäre biblischer, "tot durch Übertretungen und Sünden" als Beschreibung des menschlichen Zustands vor Gott zu verstehen. Wegen Adams Sünde und dem Verhältnis des Menschen zu Adam ist der Mensch völlig von Gott getrennt und es fehlt ihm alles, was ihn Gott anempfehlen könnte. Obwohl die Verderbtheit der Sünde sich auf jeden Menschen und dessen gesamtes Sein erstreckt, behält der Mensch die Fähigkeit, auf Gottes Initiative zu reagieren. Sogar nachdem Adam gesündigt hatte und spirituell gestorben war, war er in der Lage, mit Gott direkt zu sprechen (1. Mose 2:17; 3:1-19).

Die biblische Beweislage, dass Erneuerung dem Glauben nicht vorausgeht

Viele biblische Argumente zeigen, dass die Sündhaftigkeit des Menschen die Erneuerung vor dem Glauben nicht erfordert.

Der Mensch bleibt in Gottes Ebenbild. Der Mensch wurde nach Gottes Ebenbild geschaffen, was ein bestimmtes Maß an Selbstbestimmtheit beinhaltet. Das Ebenbild Gottes wurde durch den Fall des Menschen nicht zerstört sondern beschädigt oder verdorben mit dem Ergebnis, dass der sich selbst überlassene Mensch zum Bösen und zur Zurückweisung Gottes neigt. Selbstbestimmung, auch wenn sie benutzt wird, um Gott zurückzuweisen, ist für die Menschlichkeit und die Persönlichkeit essentiell. Ohne Selbstbestimmung wäre der Mensch nichts weiter als ein Roboter, dessen Entscheidungen und Handlungen sämtlich durch Gott bestimmt und gesteuert werden.

Der Mensch ist verantwortlich. Weil menschliche Wesen selbstbestimmende Entscheidungen treffen können werden Ungläubige von Gott für die Zurückweisung des Evangeliums verantwortlich gemacht (Johannes 3:18, 36; 5:40-47; Apg. 17:30; 2 Thess. 1:6-10). Gott wäre nicht gerecht oder fair, wenn Er Menschen, die nicht glauben können, weil Er sie nicht erneuert hat, verdammen würde. Dies würde Gott tatsächlich zum Urheber des Bösen machen.

Die Aufforderung zum Glauben ist berechtigt. Gottes Aufforderung, durch das Evangelium errettet zu werden, ist nur dann ein ernstgemeintes und berechtigtes Angebot, wenn jeder Mensch daran glauben kann. Wenn Gott die Menschen erneuern muss bevor sie dem Evangelium glauben können, dann richtet sich die Aufforderung nicht wirklich an alle Menschen sondern nur an diejenigen, die bereits von neuem geboren sind. Aber das steht den biblischen Aussagen entgegen, dass das Evangelium für alle ist (Johannes 3:16; 2 Kor. 5:19-20; 1 Tim. 2:3-6; 1 Johannes 2:2). Genauso wie Paulus überall unter der Voraussetzung predigte, dass jeder dem Evangelium folgen konnte (Apg. 20:21), so sollten auch wir das Evangelium jedem mitteilen (Matt. 28:18-20; Markus 16:15; Apg. 1:8), weil es ein ernstgemeintes Angebot an jeden ist. Gott erneuert jeden, der dem Evangelium glaubt.

Gott zieht Menschen zu Sich hin. Weil der Mensch in seinem sündhaften Zustand Gott nicht sucht. Die Bibel lehrt uns, dass, bevor ein Mensch glaubt, Gott diesen Menschen zu Sich selbst hin zieht (Johannes 6:44; 12:32). Gott überzeugt oder überführt den Ungläubigen von der Wahrheit, Gerechtigkeit und vom Gericht betreffend Jesus Christus (Johannes 16:8-11). Der Heilige Geist wirkt auf wunderbare Weise im Herzen eines Menschen, um ihn zum Punkt des Glaubens zu führen (Johannes 3:8).

Glaube ist das Mittel, nicht das Resultat. Nirgendwo sagt die Bibel, dass Glaube durch Erneuerung geschaffen wird. Johannes 3:16 ist ein sehr bekannter Vers, der entsprechend dem vorangehenden Kontext in 3:1-15 erklärt, wie Gott ewiges Leben als Resultat des Glaubens gibt, nicht als Erfordernis für den Glauben. Ebenso erklärt Epheser 2:8, wie Gott durch Glauben diejenigen lebendig macht, die tot in ihren Sünden waren (Eph. 2:1-7). Erneuerung ist das Resultat aus dem Empfang von Gottes ewigem Leben, und dieses Leben ist nur durch Glauben erhältlich (Johannes 5:24; 20:31).

Glauben ist einfach eine persönliche Reaktion. Der Mensch kann entweder der Wahrheit oder der Unwahrheit glauben, die ihm präsentiert wird. Ein nicht erneuerter Mensch kann an das Gesetz der Schwerkraft glauben, oder er kann dem Irrtum glauben, dass die Erde eine Scheibe ist. Ebenso kann ein nicht erneuerter Mensch an die Wahrheit des Evangeliums Christi glauben oder er kann dem Irrtum einer falschen Religion glauben. Da Glauben nur das Instrument ist, ist die Reaktion des Glaubens an das Evangelium keine besondere Art des Glaubens. Glaube ist einfach Glaube. Das Objekt des Glaubens, das Evangelium von Jesus Christus, ist das, was besonders ist und Errettung bringt.

Glaube ist kein gutes Werk. Diejenigen, die völlige Verderbtheit als völlige Unfähigkeit definieren, behaupten, dass, wenn der Mensch zum glauben fähig wäre, der Glaube ein verdienstvolles gutes Werk zur Errettung wäre. Aber das kann nicht richtig sein, da die Bibel erklärt, dass Glaube Werken notwendigerweise widerspricht (Röm. 3:27; 4:4-6; 11:6; Eph. 2:8-9). Glaube ist nicht die Ursache unserer Errettung; Gott ist die Ursache. Glaube ist Gottes ausersehenes Mittel, durch welches der nicht erneuerte Mensch Seine Gnade zur Errettung empfangen kann. Glaube ist passiv, weil er bedeutet, dass man überzeugt ist, dass etwas wahr oder vertrauenswürdig ist. Er ist kein Werk im Sinne von aktiv etwas tun, daher ist er nicht verdienstvoll.

Schlussfolgerung

Die Ansicht, dass Erneuerung dem Glauben vorangehen muss, ist ein theologisches Konstrukt, jedoch kein biblisches. Zu sagen, dass ein Mensch, der spirituell tot ist, zum ewigen Leben übergeht, bevor er an Jesus Christus glaubt, ist sowohl absurd als auch im Widerspruch zur biblischen Lehre. Die Bibel lehrt, dass der Mensch so verderbt durch Sünde ist, dass er, sich selbst überlassen, Gott nicht suchen oder dem Evangelium glauben würde. Daher muss Gott einen Menschen bis zum Punkt des Glaubens ziehen. Trotzdem ist es der Mensch selbst, der glaubt. Glaube ist nicht des Menschen Mitwirkung oder gutes Werk. Er ist das Mittel, durch das der Mensch Gottes Gnade in der Errettung empfängt. Der nicht erneuerte Mensch glaubt an Jesus Christus als Retter gerade darum, weil er nichts zu Gottes Werk der Errettung beitragen kann. Glaube macht die neue Geburt für jeden verfügbar, aber diese Geburt ist Gottes Werk.


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